Kompression: Breitband, Multiband und spektral

August 10, 2022 | Know-how

Um dynamische Schwankungen auszugleichen oder einem Track mehr Charakter zu verleihen, ist ein Kompressor das perfekte Tool. Jedoch gibt es davon mehrere Varianten – abgesehen von den klanglichen Spezialausführungen: Breitband-, Multiband- und Spektralkompressoren. Für welche Einsatzbereiche sich die einzelnen Kompressionstypen eigenen und wie smart:comp 2 die Dynamik deines Tracks, Bus oder Mixes in den Griff bekommst, zeigen wir dir in diesem Artikel.

Hinter fast jedem gut aufpolierten Track, steckt ein Kompressor – professionell produzierte Songs kommen selten ohne eine Einschränkung der Dynamikbereiche einzelner Spuren oder gesamter Mixes aus. Kompression kann sehr vielseitig eingesetzt werden, was das Thema oft erstaunlich komplex macht. Es gibt jedoch keinen Grund sich davon abschrecken zu lassen, denn Kompressoren können trotz ihrer meist subtilen Effekte, wahre Wunder wirken.

Damit du folgende Audiobeispiele in voller Qualität hören kannst, empfehlen wir dir Monitore oder hochwertige Kopfhörer zu verwenden.

Breitbandkompression – der Klassiker

Die meisten Hard- und Software Kompressoren sind klassische Breitbandkompressoren. Sie analysieren und bearbeiten die Dynamik eines Eingangssignals über den gesamten Frequenzbereich. Wird ein eingestellter Schwellenwert (Threshold) überschritten, wird das gesamte Signal bearbeitet, unabhängig davon, aus welchen Frequenzen sich die Energie (bzw. der Pegel) des Signals zusammensetzt. Der Pegel lauter Passagen wird reduziert während leisere Bereiche unverändert bleiben. Durch diese pegelabhängige Kompression wird der Dynamikbereich eingeschränkt und der Klang damit konsistenter.

Darstellung eines Signals und der Gain Reduction in einem Breitband-Kompressor

Breitband-Kompression eignet sich hervorragend, um einzelnen Instrumenten ein harmonischeres Klangbild zu geben oder um melodische Gruppen zu einer klanglichen Einheit zu verschmelzen.

Der Vibe des folgenden Beispiels einer E-Gitarre ist in Ordnung, aber es gibt große Lautstärkendifferenzen im Loop wodurch die Platzierung im Mix schwierig wird. Mithilfe des Breitbandkompressor, wird der Dynamikbereich des Signals reduziert – so klingt die Gitarre im Mix einheitlicher.

E-guitar track without broadband compression:

sonible · sonible_eguit-no-broadband-compression

E-guitar track with broadband compression:

sonible · sonible_eguit-with-broadband-compression

Breitbandkompression ist jedoch immer dann problematisch, wenn ein Element eines Tracks die Kompression so beeinflusst, dass der Klang des gesamten Tracks nachteilige Folgen zieht. Ein Beispiel dafür ist, wenn die Kick eines Drumbreaks sehr laut ist und starke Transienten aufweist. Da die Threshold eines Breitband-Kompressor recht schnell überschritten und der gesamte Pegel in Folge abgesenkt wird, werden auch Elemente des Frequenzspektrums, wie Hi-Hats, mitkomprimiert – selbst, wenn sie keine Bearbeitung benötigen. Die Kick kommt nicht mehr so richtig durch, der Drumbreak verliert an Punch, die Transparenz leidet darunter und das Ganze wird dumpf.

Drumbreak ohne Breitbandkompression

sonible · sonible_drumbreak-no-broadband-compression

Drumbreak mit Breitbandkompression – nicht immer die richtige Wahl.

sonible · sonible_drumbreak-with-broadband-compression

Es gibt natürlich die Möglichkeit diesem Problem mit der Einstellung einer längeren Attackzeit entgegenzuwirken. Das erhält zwar besser die Transienten, löst aber nicht das zu Grunde liegende Problem der schlecht ausbalancierten Kick im Drumbreak. Was hier jedoch die Lösung ist, ist Multibandkompression.

Multibandkompression – mehr Optionen

In Multibandkompressoren wird das Frequenzspektrum in mehrere Bänder aufgeteilt, die unabhängig voneinander bearbeitet werden können. Damit kann man eine Einzelspur oder Gruppe flexibler und auch stärker komprimieren, ohne dass allzu starke Klangveränderungen hörbar werden.

Darstellung einer Multiband-Kompression mit unterschiedlichen Bändern und deren Gain Reduction

Nehmen wir das Beispiel des oben erwähnten Drumbreaks mit der zu lauten Kick: Mit Hilfe eines Multibandkompressors kann ein eigenes Band für den Bereich definiert werden, in dem sich die meiste Energie der Kick befindet. Wird nun gezielt für dieses Band eine stärkere Kompression, wird die Kick gezähmt ohne in die anderen Elemente des Drumbreaks einzugreifen. Das erhält die Klarheit und die Transparenz der anderen Signalanteile.

Ein Multibandkompressor ist auch sehr gut dafür geeignet, die verschiedenen Frequenzbereiche eines dichten Instrumentals unabhängig voneinander zu bearbeiten. Im folgenden Beispiel sollen vor allem die Geräusche unter Kontrolle gebracht werden, die durch das Strumming der Gitarrensaiten entstehen. Da sich diese in den oberen Mitten befinden, kann hier ein Band platziert werden – ohne Make up Gain – mit dem, mittels entsprechenden Kompressionseinstellungen, die geräuschhaften Anteile reduziert werden.

 

Gitarre mit Multibandkompression:

sonible · sonible_guit-no-multiband-compression

Gitarre mit Multibandkompression:

sonible · sonible_guit-with-multiband-compression

INFO:Die Funktionsweise eines Multibandkompressors ist jener eines dynamischen EQs in gewissen Aspekten sehr ähnlich. Dennoch unterscheiden sich ihre typischen Anwendungsgebiete. Während ein dynamischer EQ, dank der Möglichkeit die Filterbänder besonders schmal zu gestalten, dazu verwendet wird, Störfrequenzen sehr präzise zu entfernen, deckt ein Multibandkompressor mit seinen verschiedenen Bändern typischerweise den gesamten Frequenzbereich ab und ist somit besser geeignet, um komplexere Signale wie Summen einen homogeneren Klang zu verleihen.

Der Nachteil von Multibandkompressoren liegt in der oft komplexeren Parametrisierung. Denn es müssen neben den richtigen Übergangsfrequenzen auch die Kompressor-Parameter für jedes einzelne Band eingestellt werden. Passieren hier Fehler, wird das Klangbild recht schnell brüchig und inkonsistent, da die spektrale Homogenität des Signals verloren geht.

Spektrale Kompression – Neuer Ansatz, neue Lösung

Was also tun, wenn man mit Breitbandkompression nicht das gewünschte klangliche Ziel erreichen kann und die Einschränkungen bzw. Komplexität eines Multibandkompressor den Workflow hindern?

Diese Frage beschäftigte uns schon intensiv im Jahr 2017, als wir am ersten Prototyp von smart:comp arbeiteten. Unser Anspruch war hoch: hochauflösende Multibandkompression, die sich automatisch die dynamischen und spektralen Charakteristiken des Eingangssignal anpasst, aber in der Handhabung so einfach wie ein klassischer Breitbandkompressor ist.

Das Ergebnis dieser ambitionierten Vision, ist die von uns neu entwickelte Konzept der „spektralen Kompression“. Während normale Multibandkompression meist auf drei bis fünf Bänder beschränkt ist, arbeitet spektrale Kompression in smart:comp und smart:comp 2 wie ein ultra-hochauflösender Multibandkompressor mit über 2000 Bändern, der laufend dynamische und tonale Ungleichheiten korrigiert. Dabei wird automatisch ausschließlich dort Kompression angewendet, wo es wirklich notwendig ist. Diese Herangehensweise spiegelt ich in einem sehr transparenten und klaren Sound wider.

Wie funktioniert spektrale Kompression?

 Diese hochgradig zielgerichtete Kompression ist nur möglich, weil bei spektraler Kompression nicht nur starre Grenzwerte und Signalpegel miteinander verglichen werden. Hier wird die spektrale Energieverteilung eines Signals laufend analysiert und mit Hilfe intelligenter Algorithmen mit berechneten „Zielwerten“ verglichen. Erkennt das System, dass bestimmte Frequenzbereich gerade überbetont sind und daher überproportional die Kompression beeinflussen, werden diese Bereiche automatisch stärker komprimiert als andere. Diese intelligente, frequenzabhängige Kompression sorgt dafür, dass selbst starke Eingriffe kaum hörbar sind und die Transparenz des Signals erhalten bleibt oder sich sogar verbessert.

Beispiel einer spektralen Kompression mithilfe von Profilen

Mit Hilfe verschiedener Profile kann die spektrale Kompression zudem auf unterschiedliche Eingangssignale angepasst und klanglich weiter optimiert werden.

Ähnlich wie bei der Multibandkompression können die Frequenzbereiche eingeschränkt werden, die mit spektraler Kompression bearbeitet werden sollen. Eine solche Einschränkung kann dabei helfen, bestimmte Bereich nicht zu bearbeiten, die aus ästhetischen Gründen ganz bewusst im Signal überbetont bleiben sollen.

Spektrale Kompression eignet sich für jedes beliebige Signal  – ganz besonders profitieren jedoch Einzelspuren und Mixes mit überbetonten Frequenzbereichen von dieser neuen Möglichkeit.

Der folgende Drumbreak soll stark komprimiert werden, aber ohne, dass große Klangveränderungen die Folge sind. Die spektrale Kompression setzt vor alle da ein, wo die Kick viel Energie hat und ausschließlich dort wo Kompression wirklich benötigt wird. Dadurch ist der Drumbreak auch nach der Bearbeitung sehr transparent und klar.

Drumbreak ohne spektrale Kompression:

sonible · sonible_instrumental-no-spectral-compression

Drumbreak mit spektraler Kompression:

sonible · sonible_instrumental-spectral-compression