Cochlea Implantate gehören zu den großen Errungenschaften auf dem Gebiet der Hörprothesen. Das Institut für Schallforschung (ISF) leistet dabei wegweisende Grundlagenforschung. Um diese weiter voranzutreiben, hat sonible im Auftrag des ISFs nun ein kompaktes 3D Audio System für das Institut geplant und installiert.
Die Case Study des ISF Projekts gibt es hier zum Download:
Case Study | Compact 3D Audio Research Lab
Die Forschung an der menschlichen Hörwahrnehmung trifft auf Hindernisse, wenn es um akustische Alltagssituationen geht. Man kann sie im Labor nur schwer nachbilden und Feldforschung birgt unkontrollierbare Fehlerquellen. 3D Audio Systeme können hier Abhilfe schaffen: Mithilfe moderner 3D Audio Wiedergabeverfahren wie Higher Order Ambisonics (HOA) oder Vector Based Amplitude Panning (VBAP) ist es möglich, akustische Szenen naturgetreu im Labor nachzubilden.
Für diesen Zweck hat das ISF Wien sonible beauftragt ein hemisphärisches 3D Audio System zu planen und zu implementieren. Um den vielschichtigen Anforderungen der Forschung gerecht zu werden, hat sonible insgesamt 91 diskret ansteuerbare, koaxiale Lautsprecher in einem Raum mit ungefähr 3,2 Meter Seitenlänge installiert. Die kompakte Verstärkung mit nur vier d:24mio Einheiten auf 12 HE gewährleistet darüber hinaus die Mobilität des raumsparenden Systems.
Die geringe Raumabmessung bringt konkrete Vorteile mit sich. Aufgrund der großen Dichte der Lautsprecher ist es möglich, Signale mit ausgesprochen hoher räumlicher Präzision abzuspielen. Realistische Nachbildungen von akustischen Umgebungen, wie zum Beispiel einem Wald, einer Straßenkreuzung oder einer Konzertumgebung sind möglich.
Unterbewusste akustische Landkarten
Ein Teilbereich der Forschung am ISF, insbesondere von Vizedirektor Piotr Majdak, der für die Umsetzung des neuen 3D Audio Systems mitverantwortlich ist, beschäftigt sich intensiv mit dem Richtungshören. Unser Gehör erstellt akustische Landkarten unserer Umgebung. Das geschieht ständig und zum größten Teil unterbewusst; bewusst können wir uns auf bestimmte Schallereignisse konzentrieren, wie es zum Beispiel beim Cocktail Party Effekt der Fall ist. Unser Gehör lotst uns zielsicher durch komplexe Klangkulissen, zum Beispiel durch den Straßenverkehr, indem es uns Informationen über die genaue Richtung potenzieller Gefahren zur Verfügung stellt.
Für unsere auditive Wahrnehmung von Richtungen sind sogenannten Head Related Transfer Functions (HRTFs) für unsere Wahrnehmung ausschlaggebend. HRTFs beschreiben, wie eintreffende Schallereignisse aus unterschiedlichen Richtung durch Reflexionen an unseren Schultern, dem Kopf oder der Pinna verschiedenartig beeinflusst, also klanglich gefiltert werden. Diese von uns gelernten Filterkurven, geben uns – neben anderen Parametern – Aufschluss über die Position einer Klangquelle.
Mit Cochlea Implantaten in die richtige Richtung
Diese Fähigkeit ist aber nicht für jeden selbstverständlich. Die Ortung von Geräuschen auf der Sagittalebene (vorne/hinten) gestaltet sich für Menschen mit Cochlea Implantaten für besonders schwierig: eine enorme Gefahrenquelle für Kinder mit Gehörschäden auf dem Weg zur Schule. Allein deswegen ist es wichtig, die Forschung zur Verbesserung der Implantate weiter voranzutreiben.
Zwar entwickelt das ISF keine Cochlea Implantate, durch die Forschung am Institut werden aber wichtige wissenschaftliche Grundsteine gelegt, um diese psychoakustischen Probleme des räumlichen Hörens zu lösen: „Alles, was wir hier erforschen, benötigt in der Regel zwischen zehn bis 20 Jahre bevor es beim Konsumenten ankommt,“ so Piotr Majdak.