Ralf Christian Mayer zählt zu den bekanntesten deutschen Musikproduzenten. Viele seiner Kollegen beschreiben seinen Sound als unverkennbar und dieser distinktive Sound ist mitunter auch Grund dafür, warum sich Musiker für Ralf als Produzent entscheiden. Ralf selbst fällt es schwer diesen Sound in Worte zu fassen, aber er erzählt uns von den Eigenschaften und Erfahrungen, die ihn mitunter dahin gebracht haben wo er heute ist und warum jeder Mix nach wie vor eine Herausforderung ist.
Mark Forster, Die fantastischen Vier, Clueso, Massive Töne, Cro, Fury in the Slaughterhouse, Zimmer90 und einige andere Größen haben schon mit Ralf Christian Mayer gearbeitet und viele von ihnen haben mit ihm auch entscheidende Erfolge in der Musikszene gefeiert.
Erfolge in Form von Platten und Emotionen
Erfolg ist jedoch nicht für jeden dasselbe: Für die einen sind es Auszeichnungen und weitreichende Anerkennung, für die anderen eher das Entstehen von Etwas, das sie nachhaltig berührt. Wenn Letzteres zu Ersterem führt, ist es wohl das Beste aus beiden Welten. Ralf Christian Mayers Können hat in seiner 34-jährigen Laufbahn als Musikproduzent, Mix- und Mastering-Ingenieur schon oft zu beiden Formen des Erfolgs geführt.
Doch trotz all den offiziellen Anerkennungen, sind für Ralf die prägenderen Erfolge jene, die in der Zusammenarbeit ein „miteinander schwingen“ ermöglichen. Die dadurch geweckten Emotionen lassen Musik entstehen, die wie er es beschreibt „dich mit dem ersten Akkord mitnimmt und du sofort wissen willst, wie die Geschichte weitergeht. Das sind oft keine technischen Meisterwerke, aber emotionale.“
Zwischen Chaot und Kaufmann
Seinen Weg begann Ralf als Einzelhandelskaufmann in einem Musikfachgeschäft und als Mitglied einer Band, deren Musik er mit einem Vierspur-Kassettenrecorder aufnahm. Durch Zufall lernte er den Besitzer der Tucan Studios kennen für den er anfangs Werbemusik mischte. Die Dinge nahmen ihren Lauf und heute betreibt er ein eigenes Studio in Berlin. „Ich habe lange danach gesucht, was ich machen will. Ich wusste es aber erst ab dem Moment als ich angefangen habe, meine Sachen im Studio aufzunehmen. Zu dieser Zeit hätte ich nie gedacht, dass ich dort hinkomme wo ich heute bin“, sagt Ralf.
Ehrgeiz, Mut und Neugierde haben ihn auf seinen Weg gebracht und sind auch heute noch Eigenschaften, die ihn täglich antreiben. „Ich bin immer auf der Suche nach neuen Wegen. Ich probiere ständig Neues und glaube, dass man dieses Brennen dafür haben muss um in diesem Bereich erfolgreich zu sein. Man muss auch einerseits Chaot sein, um Kreativität zulassen zu können, und sollte andererseits etwas Kaufmännisches haben, um planen zu können und zuverlässig zu sein.“ Auch zwischenmenschliches und künstlerisches Feingefühl gehören für ihn zu seinem Beruf. Er erklärt: „Mein Leben hatte gewisse tragische Stellen, aber ich habe das gebraucht, damit ich das so machen kann, wie ich das heute mache. Sie haben mir diese Tiefe gegeben, Musik so zu spüren, wie sie sein kann.“
Ausprobieren mit Fokus
Sein Talent und Können waren Ralf sehr lange nicht bewusst. „Manche Leute fanden gut, was ich machte. Doch selbst als ich mit den fantastischen Vier zusammenarbeitete, war mir nicht bewusst, was ich kann. Ich hatte immer extremen Schiss, ob ich nun für Herbert Grönemeyer was mischen sollte oder als Sting in meinem Studio die Vocals für „Deep in the Meadow“ aufnahm – da hatte ich schon zwei Tage vorher Migräne.“ Heute weiß er, was er kann und bezeichnet sich selbst als Alphatier: „Ich kann schon ein starkes Alphatier sein, wenn ich konzentriert am Mischpult arbeite und die Musiker hinter mir sitzen. Trotzdem bleibt bei mir ein Sensorium für alle im Raum offen. Ich spüre, wenn was dissonant mitschwingt – auch wenn nichts gesagt wird. Ich muss aber zuerst Dinge ausprobieren können, ohne dass man Ideen sofort mit Worten niederredet. Es ist total wichtig Ideen zu probieren und dass da jeder seinen Platz bekommt. Wenn ich aber auf alles sofort eingehen würde, gingen viele Ideen verloren – ich bin fokussiert und wenn ich dann das Ergebnis präsentiere, können alle kritisieren.“
Von Demoitis und Krüken
Trotz der immensen Erfahrung sieht er jeden Mix als Herausforderung. „Wenn dir ein Nachwuchsproduzent – die oft musikalisch gut geschult und auch talentiert sind – einen Mix mit einer enormen Menge an Plugins in der Summe gibt, dann klingt das meist schon nach was. Aber nur wenn ich die Einzelspuren bearbeite, kann ich 100% herausholen. Der Weg zum finalen Mix kann enorm schwierig sein. Manchmal klingt ein fertiger Mix, der aufgeräumter und konsistenter ist, nicht unbedingt ‚geiler‘ als der Roughmix. Die meisten Plattenfirmen oder Managements hören das Demo öfter als den Endmix. Die haben dann eine Art ‚Demoitis‘ und finden etwas im Demo geil, was so vielleicht nicht mehr im Endmix ist – meistens ist das tatsächlich eine Emotion. Da muss es einem scheißegal sein, dass man keine 100% aus dem Sound herausholen ‚darf‘ um dafür mehr in Richtung Demo zu gehen. Dass es sich gut anfühlt, ist das Wichtigste.“
Beim Mixen hat er zwar einen sehr hohen Anspruch, aber keine fixe Strategie. Ralf dazu: „Viele machen immer das gleiche. Bei mir ist das immer anders und ich habe sehr selten dasselbe Plug-in auf der Bassdrum oder verwende das gleiche Mikrofon. Es kann helfen ein Grundsetting zu haben, aber darin zu verharren ist für mich eher eine Krücke. Ich finde es interessanter alles von Neuem anzufangen – es kann vorkommen, dass ich eine Session anfange und dann nicht mehr weiß welchen EQ ich das letzte Mal benutzt habe. Ich habe sehr viele Plug-ins.“
Smarte Plug-ins im konkreten Einsatz
Eines der Plug-ins, das in Ralf’s Workflow ständig zum Einsatz kommt ist smart:limit. „smart:limit verwende ich überall. Über den mische ich sogar drüber. Das heißt, ich lasse den im Genre herumkaspern und geh dann mit dem Level ein bisschen zurück, dass er nicht an die Grenze von Spotify stößt. Dann arbeite ich drüber. So bügelt er mir den Song schon ein bisschen zusammen.“ Diese Technik ermöglicht es ihm schon von Anfang an einen besseren Eindruck davon zu bekommen, wie der finale Mix klingen wird.
Den intelligenten Bearbeitungsprozess von smart:EQ 3 nutzt Ralf unter anderem gezielt, wenn er Charakteristisches verstärken will: „Da smart:EQ 3 eine Art Ausgleich macht, analysiere ich, was er macht und drehe es in die andere Richtung. Dann kriege ich es manchmal hin, dass ich mehr hervorhole, was den Charakter eines Instruments oder einer Stimme ausmacht.“ Obwohl er automatischer Bearbeitung – besonders beim EQing – durchaus kritisch gegenübersteht, schätzt Ralf trotzdem die Möglichkeiten, die die smarten Plug-ins von sonible bieten: „Es gibt Grenzfälle bei denen die Aufnahme so schlecht ist, dass ich es nicht hin bekomme die Stimme einzustellen. Da lasse ich smart:EQ 3 lernen, schau mir an, was er vorschlägt und mache von dort aus weiter“.